Ich dachte, mein jahrelanger wiederkehrender Schmerz im Ellenbogen, der bis ins Schulterblatt zog, sei die Folge meines intensiven CrossFit-Trainings und einer alten Operation am Ellbogen. Doch erst eine Kette von Diagnosen (MRT, Nervenmessung) und ein Besuch beim Osteopathen zeigten mir, dass mein Körper in einem komplexen Kompensationssystem feststeckte. Das sich schließlich in akuten, durchgehenden Schmerzen vom Hals bis zur linken Handfläche stark bemerkbar machte.
Die Medizinische Sachlage: Ein „Double-Crush“ des Nervs
Die Untersuchungen bestätigten ein komplexes Bild, das durch pure Physiotherapie oder Schmerzmittel allein nicht lösbar war:
- Verschleiß an der Wurzel: An meiner Halswirbelsäule (HWS) lag eine hochgradige Neuroforamenstenose (Nerveneinengung) an C5/C6/C7 vor. Das quetschte die Nervenwurzeln, die den Arm versorgen.
- Kompression am Ende: Zusätzlich hatte ich am Ellenbogen ein Sulcus Ulnaris Syndrom. Der Nerv wurde also an der Wurzel und am Ellenbogen gedrückt – der sogenannte Double-Crush-Effekt.
- Die Fehlhaltung: Meine Nackenmuskulatur war durch Stress und Fehlbelastung so verspannt, dass die natürliche Krümmung der HWS (Lordose) komplett begradigt war.
Die Folge: Starke, therapieresistente Schmerzen, die sich nur mit einem starken Opioid wie Tramadol in den Griff kriegen ließen und trotzdem beim Sitzen oder Steigen und Gehen stark spürbar wurden.
Die entscheidende Wende: Die Rolle der Osteopathie
Die klassische Medizin konzentrierte sich darauf, die Entzündung (Vimovo) und den Schmerz (Tramadol) zu bekämpfen. Der Osteopath wählte einen anderen Ansatz: Er suchte nicht nach dem Schmerz, sondern nach der fehlenden Funktion und den Zugspannungen im gesamten Körper.
Funktioneller Befund des Osteopathen | Mechanische Auswirkung | Sofortiger Effekt |
Verspannte Bauchfaszien/Narben | Zogen am Zwerchfell, blockierten die natürliche Bauchatmung und verursachten Zugkräfte bis zur HWS. Ursache der grossen Narbenbildung war ein schwerer Autounfall vor 30 Jahren. | Lösung: Nach dem zweiten Termin begann ich automatisch in den Bauch zu atmen. Was zuvor 30 Jahre lang nur mit bewusster Bauchatmung ging. |
Blockierte Rippen und oberste HWS | Sie stabilisierten die falsche, gerade Haltung im Nacken und verhinderten eine gesunde Bewegung. | Lösung: Ich konnte den Kopf sofort besser drehen und spürte eine Entspannung im Schultergürtel und vorne im Brustbereich. |
Die Logik des Erfolgs: Durch die Korrektur der Rippen und Bauchfaszien wurde die mechanische Spannung von unten gelöst. Die Muskulatur im Nacken konnte sich entspannen und die HWS wurde von außen entlastet. Erst dieser Schritt erlaubte es, die Medikamente zu reduzieren, weil die ursächliche mechanische Reizung der Nerven nachließ.
Was passiert wäre (Der Weg ohne Osteopathie)
Ich bin überzeugt, dass mein Heilungsprozess ohne diese ganzheitliche Herangehensweise viel länger gedauert hätte und das Risiko einer Operation gestiegen wäre:
Ohne Osteopathie | Mit Osteopathie und Physiotherapie |
Verlängerte Medikamenteneinnahme: Ich hätte Tramadol und Naproxen viel länger nehmen müssen, da die mechanische Ursache (die Zugkräfte vom Bauch) unbehandelt geblieben wären. | Schnelle Reduktion: Ich konnte Tramadol innerhalb weniger Wochen stark reduzieren, da die manuelle Korrektur die Schmerzursache beseitigte. |
Erfolgloses Training: Die Physiotherapie-Übungen hätten gegen die unbewusste Dauerspannung aus dem Rumpf ankämpfen müssen – ein Kampf gegen Windmühlen. | Effektives Training: Die Physiotherapie kann nun gezielt die entlasteten Muskeln kräftigen und die Haltung dauerhaft korrigieren. |
Erhöhtes OP-Risiko: Die Dauerspannung auf die HWS hätte den Verschleiß weiter beschleunigt und möglicherweise eine Myelopathie (Rückenmarkschädigung) riskiert. | Verhinderung der Eskalation: Die Wirbelsäule wird entlastet, der Druck auf die Nerven nimmt ab, das Risiko einer OP sinkt. |
Wer hat mir geholfen? Osteopathie im Vergleich
Nachdem ich die Erfolge erlebt habe, stellen mir viele die Frage: Was genau macht ein Osteopath und wie unterscheidet er sich von anderen manuellen Therapeuten?
Was ist Osteopathie?
Die Osteopathie betrachtet den Körper als eine untrennbare Einheit. Ihre Kernprinzipien sind: Der Körper besitzt Selbstheilungskräfte, und Struktur und Funktion sind wechselseitig verbunden. Ein Osteopath sucht die Ursache für eine Funktionsstörung – sei es im Bewegungsapparat (Parietal), bei den Organen (Viszeral, wie bei meiner Bauchbehandlung) oder im Nervensystem/Schädelbereich (Craniosacral). Die Behandlung erfolgt ausschließlich über sanfte bis feste manuelle Techniken.
Der Werdegang in Österreich
In Österreich ist die Osteopathie nicht an den Arztberuf gebunden. Der Werdegang ist hochschulähnlich und dauert in der Regel 5 Jahre berufsbegleitend oder Vollzeit an einer privaten Akademie. Die Ausbildung ist sehr umfassend und schließt eine intensive medizinische Grundlagenbildung ein.
Beruf | Fokus der Behandlung | Hauptziel | Ausbildung in Österreich |
Osteopath/in | Ganzkörperlich: Gelenke, Muskeln, Faszien, Organe, Nervensystem. | Funktionswiederherstellung und Aktivierung der Selbstheilung. | 5-jährige, umfassende Ausbildung (häufig postgradual oder Vollzeitstudium). |
Chiropraktiker/in | Primär auf die Wirbelsäule und Gelenke fokussiert. Arbeitet oft mit schnellen Impulsen (Adjustments). | Behebung von Gelenkblockaden und Verbesserung der neurologischen Funktion. | Universitäres Studium (i.d.R. 5 Jahre), ein anerkannter Gesundheitsberuf. |
Heilmasseur/in | Primär Muskulatur und Bindegewebe (lokale Verspannungen), Durchblutungsförderung. | Lockerung der Muskulatur und Entspannung, oft auf ärztliche Verordnung. | Berufsausbildung von ca. 1 Jahr. |
Der Unterschied liegt in der Tiefe der Betrachtung. Während der Heilmasseur lokale Verspannungen löst und der Chiropraktiker primär Gelenkblockaden behebt, sucht der Osteopath die Verbindung zwischen einer alten Bauchnarbe und dem schmerzenden Nacken – wie in meinem Fall.
Wichtig waren alle 3 Bereiche.
Der Orthopäde brachte mir die nötige Aufklärung und Überweisungen und vor allem die Symptomreduktion durch die Schmerzmittel, Infusionen und direkten Einspritzungen.
Die Physiotherapie erarbeitete mir eine Ruhelage, welche die Nerven entlastete und gab mir ganz leichte Übungen und vor allem auch die präzisen, sinnvollen Sachen, die ich NICHT machen sollte. Trotz unzähliger Versuche, eine schmerzfreie Position zu finden, vor allem in den Nächten, bekam ich erst damit ein neues Verständnis der Nervenbahnen und wie ich mit ihnen umgehen muss wegen der Kompression auf der Halswirbelsäule.
Der Osteopath brauchte die nachhaltige Lösung der Ursachen mit 3 Behandlungsterminen. Und diese Ursachen lagen eigentlich 30 Jahre zurück. Ich hatte einen schweren Autounfall, bei dem ich hintem im Auto saß, das aus einer Kurve flog und sich 3 mal überschlagen hat. Beim 2. Mal flog ich durch die Seitenscheibe raus. 2 Rippen gebrochen, Milz zertrümmert und der ganze Bauchraum war offen. Das heilte zwar alles gut aus, aber ich konnte nicht von selbst in den Bauch atmen, hörte aber immer wieder, das ich es sollte. Und meine Haltung war nicht korrekt, die Schultern nach vorne und nicht ganz aufrecht. Das schob ich aber immer dem Bürojob und meiner sehr frühen Laufbahn als Nerd zu. Dabei war alles seit damals unter Dauerspannung und mein Muskelwachstum der letzten Jahre durch das Training, sowie der Versuch, die Schulterhaltung mit Gewalt zu korrigieren, brachte schließlich den akuten Ausbruch oder besser gesagt Zusammenbruch dieses Spannungssystems hevor.
Aktuelle Lage: Es wird dauern, bis ich die Nervenkompression gar nicht mehr spüre, aber die Richtung stimmt total und ich gehe von einer vollständigen Heilung aus. Ok, abseits des Altersverschleisses. Im besten Fall aber wird dieses nun auch nicht mehr so schnell schlimmer.
Mein Rat an alle, die unter chronischen Schmerzen leiden
Wenn Sie Schmerzen haben, die trotz Physiotherapie oder Medikamenten nicht verschwinden:
- Denken Sie in Ketten: Fragen Sie Ihren Arzt oder Therapeuten, wie Ihre Füße, Ihr Zwerchfell oder Ihre Narben mit Ihrem Nacken zusammenhängen könnten.
- Fordern Sie eine erweiterte Diagnose: Bestehen Sie auf einem MRT, um den Zustand der Nervenwurzeln zu sehen.
- Die Heilung ist AKTIV: Nutzen Sie manuelle Therapie (Osteopathie/Physio) als „Türöffner“ und die tägliche Übung als langfristigen „Bodyguard“ für Ihre Wirbelsäule. Nur so können Sie die Medikation sicher beenden.
Meine Erfahrung ist der Beweis: Der Schmerz-Ort ist fast nie der Ort des Problems.
Mit genesenden Grüßen
Euer Krischan